demenzjournal: Chronischer Schlafmangel erhöht die Gefahr, eine Demenz zu entwickeln. Warum?
Ingo Fietze: Wenn ich schlecht schlafe, ist die Wahrscheinlichkeit, an Demenz zu erkranken, doppelt so hoch. Die Ursache hat man erst vor Kurzem festgestellt: Im Gehirn von älteren Menschen finden sich oftmals schädliche Proteinablagerungen, sogenannte Plaques, die die Verbindungen der Nervenzellen zerstören.
Der Schlaf trägt dazu bei, das Gehirn von diesen Plaques zu reinigen. Ist der Schlaf gestört, ist auch die Selbstreinigung des Gehirns beeinträchtigt. Wenn jemand nur eine Nacht schlecht schläft, ist die Konzentration der Plaques schon erhöht.
Ist es in Hinblick auf Demenz gefährlich, wenn Menschen insgesamt zu kurz schlafen, oder fehlt es vor allem an den Tiefschlafphasen?
Beides spielt eine Rolle. Das Risiko wird noch einmal potenziert, wenn ich nachts schnarche und Atemaussetzer habe, also an Schlafapnoe leide. Dabei wird das Herzkreislaufsystem nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt. Der Schlafende wacht immer wieder kurz auf und holt Luft, wodurch sein Schlaf erheblich gestört wird.
Ingo Fietze
Prof. Dr. Ingo Fietze ist Oberarzt für Innere Medizin und als Schlafforscher Leiter des Interdisziplinären Schlafmedizinischen Zentrums an der Berliner Charité. Er ist Vorsitzender der Deutschen Stiftung Schlaf. Sein Buch «Deutschland schläft schlecht» ist im Rowohlt Verlag erschienen.
Wir beobachten eine Zunahme der Schlafapnoe. Das mag daran liegen, dass es mehr Übergewichtige als früher gibt, eine der häufigsten Ursachen für Schlafapnoe. Also:
Sauerstoffmangel provoziert eine Demenz, ebenso wie nicht ausreichender Tief- oder Traumschlaf.
Der Tiefschlaf, schreiben Sie in Ihrem Buch, dient auch dazu, unser Gedächtnis zu stärken und Gedächtnisinhalte zu festigen. Ist es richtig, dass bei gestörtem Schlaf diese Inhalte nicht mehr so gut gespeichert werden?
Ja. Insofern kann man die Folgen des Schlafmangels durchaus mit der Demenzerkrankung in Verbindung bringen, bei der die Menschen ja Probleme mit ihrer Gedächtnisleistung haben.
Muss denn nun jeder, der schlecht schläft, Angst haben, eine Demenz zu entwickeln?
Nein, sicher nicht. Umgekehrt können auch gute Schläfer eine Demenz bekommen. Allerdings sollte man das größere Risiko nicht unterschätzen.