Die Lady mit der Lampe - demenzjournal.com

Pionierin der Pflege

Die Lady mit der Lampe

Im Lazarett von Scutari pflegte Florence Nightingale (Bildmitte) Opfer des Krimkrieges (1853 bis 1856). Bild PD

Florence Nightingale ist die Wegbereiterin der modernen Krankenpflege. Zum «Internationalen Jahr der Pflegenden und Hebammen» der Weltgesundheitsorganisation  veröffentlichten wir diesen informativen Beitrag des Pflegehistorikers Hubert Kolling.

Auf einer Europareise ihrer Familie am 12. Mai 1820 in Florenz (daher der Name Flo­rence) als jüngste Tochter von Fanny (gebo­rene Smiths) und William Edward Nightin­gale geboren, wuchs Florence Nightingale auf dem Gut ihrer Eltern, einer begüterten und sehr wohlhabenden Landadelsfamilie, in der Nähe von London auf.

Als Angehörige der britischen Oberschicht erhielt Florence eine ausgezeichnete Allgemeinbildung, wobei sie auf den zahlreichen Auslandsreisen, auf denen sie ihre Eltern begleitete, unter ande­rem ihre umfassenden Fremdsprachenkennt­nisse festigte.

Ihre ersten Erfahrungen in der Krankenpflege sammelte Florence Nightingale bei der Pflege kranker Familienmitglieder. Zudem hatte sie bereits in sehr jungem Alter ihre Mutter und ihre Gouvernante bei Krankenbesuchen in den umliegenden Dörfern begleitet.

Schon als Teenager im Dienste der Kranken und Armen

Tagebuchein­träge der erst zehnjährigen Florence über den Selbstmord einer jungen Mutter weisen darauf hin, dass sie schon sehr früh einen Eindruck von den Lebensbedingungen der Armen er­halten hatte.
Im Januar 1837 hatte eine Grippe-Epidemie den Süden Englands heimgesucht. Florence widmete sich damals vier Wochen lang inten­siv um die Versorgung der Erkrankten.

In einem Brief an ihre Schwester hält sie fest, sie habe als Krankenpflegerin, Gouvernante, Hilfspfarrerin und Ärztin gehandelt. In diese Zeit fällt auch ein religiöses Erweckungser­lebnis, das für Florence Nightingale prägend war. Am 7. Februar 1837 schrieb sie in ihr Tagebuch: «Gott sprach zu mir und rief mich in seinen Dienst.»

Wenngleich sie Zugang zu den höchsten ge­sellschaftlichen Kreisen Englands hatte und mit führenden Persönlichkeiten des öffentli­chen Lebens zusammenkam, darunter dem späteren Kriegsminister Sidney Herbert (1810-1861), fühlte Florence sich spätestens seit Sommer 1844 der öffentlichen Kranken­pflege verpflichtet.

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Ausschlaggebend hierfür war die Begegnung mit dem US-amerikani­schen Arzt Samuel Gridley Howe (1801-1876) und seiner Frau Julia Ward (1819-1910), die während ihrer Hochzeitsreise zu Gast der Nightingales waren. An Howe, der in den USA die erste Blindenschule errichtet hatte, richtete Florence die Frage, ob er es für unpassend halte, wenn eine junge Frau wie sie sich in ähnlicher Form der Krankenpflege widme, wie dies katholische Nonnen der Pflegeorden tun.

Howe antwortete ihr (sinn­gemäß ins Deutsche übersetzt): «Meine liebe Miss Florence, es wäre ungewöhnlich, und in England neigt alles was ungewöhnlich ist dazu als unpassend zu gelten. Aber ich sage Ihnen, gehen sie diesen Weg, wenn Sie für diese Art zu leben eine Berufung fühlen. Handeln Sie entsprechend Ihrer Eingebung und Sie werden herausfinden, dass nichts Un­passendes oder Undamenhaftes daran sein wird, wenn Sie Ihre Pflicht zum Nutzen ande­rer tun.»

Pflegende hatten schlechten Ruf

Ihren Entschluss, in diesem Bereich zu arbei­ten, konnte Florence Nightingale jedoch nur gegen die frauenfeindlichen gesellschaftlichen Konventionen ihrer Zeit und den massiven Widerstand ihres Elternhauses durchsetzen. Schliesslich wiesen die Krankenhäuser ihrer Zeit erschreckend hohe Sterberaten auf, wäh­rend das Pflegepersonal häufig in dem äußerst zweifelhaften Ruf stand, mangelhaft oder überhaupt nicht ausgebildet, betrunken und undiszipliniert zu sein.

Florence Nightingale.Bild PD

Die tief religiöse Florence ließ sich unterdes­sen von ihrem Weg nicht abbringen. Nach­dem sie im Jahre 1850 die durch den evange­lischen Theologen Theodor Fliedner (1800-1864) ins Leben gerufene Diakonissen­anstalt Kaiserswerth bei Düsseldorf, in der Frauen zu Pflegerinnen ausgebildet wurden, kennen gelernt hatte, machte sie sich dort im darauffolgenden Jahr während eines dreimonatigen Aufenthaltes mit der prakti­schen Pflege vertraut.

Zugleich erlernte sie die Versorgung von Wunden und die Her­stellung von Medikamente, begleitete Ster­bende und assistierte bei Operationen. 1853 reiste Florence nach Paris, um mehrere Hos­pitäler zu besuchen und praktische Pflegeer­fahrungen bei den Barmherzigen Schwestern der «Maison de la Providence» zu sammeln.

Im Krimkrieg von 1853 bis 1856 zwischen Russland und einer Allianz aus England, Frankreich, der Türkei und Sardinien-Pie­monts wurde Florence Nightingale vom briti­schen Kriegsministerium als Leiterin einer Gruppe von 38 Krankenschwestern mit einer Sondermission der Pflege und Versorgung von verwundeten und erkrankten englischen Soldaten im Lazarett von Scutari (dem heu­tigen Üsküdar, einem Vorort von Istanbul) beauftragt.

Mangel an Pflegenden gab es schon damals

In unermüdlichem Einsatz sorgte sie hierbei nicht nur für die Verbesserung der Krankenpflege, sondern auch in der ständi­gen Auseinandersetzung mit konservativen Militärmedizinern und Verwaltungskräften für eine verbesserte Hygiene und Ernährung sowie die Beseitigung von Versorgungsmän­geln etwa mit Wäsche und Kleidung.

In der Praxis war es unterdessen nicht einfach gewesen, für diesen Einsatz geeignete Pflege­rinnen zu finden. So hatte sich beispielsweise die von Elizabeth Fry (1780-1845) ge­gründete «Institution of Nursing Sisters» ge­weigert, Pflegerinnen abzustellen.

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Entgegen­kommender reagierten die katholischen Pfle­georden, nicht zuletzt, weil es sich bei mindestens einem Drittel der auf der Krim kämp­fenden Soldaten um irische Katholiken han­delte und weil man erhoffte, dadurch der in der britischen Öffentlichkeit verbreiteten an­tikatholischen Stimmung zu begegnen.

Die Zustände, die Florence Nightingale und ihre Pflegerinnen in Scutari vorfanden, waren katastrophal. Die Verwundeten und Kranken lagen in schlecht belüfteten, ungeheizten und verseuchten Stationen und Korridoren. Die Böden waren verdreckt, die sanitären Ein­richtungen unzureichend, auf zahlreichen Stationen standen als Toiletten einfache Holzeimer, die unerträglich stanken.

Viele der Erkrankten trugen seit Wochen dieselbe Klei­dung, litten unter Flöhen und Läusen, waren seit ihrer Verletzung oder Erkrankung nicht gewaschen worden und hatten nicht einmal eine einfache Strohmatratze. Es fehlte an Kis­sen, Decken, Tellern, Besen, Besteck, Sche­ren, Handtüchern, Tabletts oder Waschbecken und Verbandszeug.

Florence Nightingale sorgte für massive Verbesserungen bei der Versorgung von verwundeten Soldaten.Bild PD

Aufgrund ihrer Erfahrungen bemühte sich Florence Nightingale zugleich durch einen (unveröffentlichten) 830 Seiten umfassenden Bericht für das Kriegsministerium das Mi­litärsanitätswesen grundlegend zu reformie­ren.

Gestützt auf eine faktenbasierte Be­schreibung und statistische Analysen leitete sie hierbei eine Reihe aus ihrer Sicht notwen­diger Schritte zur Verbesserung der Lebens­bedingungen der britischen Soldaten ab: Ne­ben vorbeugenden Hygienemaßnahmen for­derte sie ergänzend zu den bestehenden Regimentslazaretten die zusätzliche Einrich­tung zentraler Militärkrankenhäuser mit adä­quat ausgestatteten Sanitäreinrichtungen, eine verbesserte Ausbildung der Militärärzte zur Gewinnung von qualifiziertem Personal und die Ernennung von Sanitätsinspektoren, die unmittelbar dem Kriegsministerium Bericht erstatten sollten.

Ihre Grundsätze sind bis heute gültig 

Indem sie aus ihren in Scutari gemachten Er­fahrungen theoretische Verallgemeinerungen auch für das zivile Krankenhauswesen und die Krankenpflege ableitete, wie beispiels­weise die Einrichtung von Behandlungsräu­men und Beheizung aller Stationen sowie die ausreichende Beschaffung von Bettgestellen, Bettzeug und Zinkwannen zum Baden der Patienten, exponierte Florence Nightingale sich zugleich als erste Pflegewissenschaftlerin der Neuzeit.

Vier Jahre nach ihrer Rückkehr aus dem Krimkrieg veröffentlichte Florence Nightin­gale 1859 ihre «Notes on Hospitals», deutsch als «Bemerkungen über Hospitäler» 1866 verlegt, und 1860 ihr Buch «Notes on nursing», das in deutscher Überset­zung unter dem Titel «Florence Nightingale`s Anmerkungen zur Krankenpflege», bezie­hungsweise «Die Pflege bei Kranken und Ge­sunden» erschien.

Französische, dänische und schwedische Übersetzungen erschienen kurz nach der Veröffentlichung in Großbritannien, die auch in den USA eine große Leserschaft fanden. Eindringlich vertrat sie darin auf­grund ihrer Erfahrungen Grundsätze guter Krankenpflege, die auch heute noch Vorbild­charakter haben.

Im Gegensatz zu ihren Zeitgenossen betont Florence Nightingale, dass der Krankenpflege eine entscheidende Rolle bei der Versorgung der Patienten zukommt. Besonders wichtig ist ihr dabei nicht nur ein von Achtung geprägter Umgang mit den Patienten, sondern auch Ruhe, Ernährung, Licht und die Beachtung der Hygiene.

Genaue Beobachtung und innere Berufung

Ein zentrales Aufgabenfeld der Krankenschwester sah sie in der genauen Be­obachtung der Patienten, ein Part, der ihr auch im Hinblick auf die ärztliche Therapie wichtig erschien. Da Florence Nightingale die Kran­kenpflege als eine letztendlich religiös be­gründete Liebestätigkeit am Nächsten sah, gehörte für sie zu einer idealen Kranken­schwester «die Berufung zur Krankenpflege», ohne die der Beruf nicht ausgeübt werden sollte.

Die beiden Bücher, die jeweils mehrere Auf­lagen erfuhren, beflügelten weltweit, insbe­sondere in Europa, vor dem Hintergrund der seinerzeit durch Jean Henry Dunant (1828-1910) neu entstandene Rot-Kreuz-Be­wegung und ihren Bemühungen um eine ver­besserte Kriegskrankenpflege, die Reformbe­strebungen in der Krankenpflegeausbildung.

Mit Hilfe eines ihr zur Verfügung gestellten Spendenfonds gründete Florence Nightingale die «Nightingale Training School für Nurses», die am 4. Juni 1860 mit 15 Auszubildenden in einem Alter zwischen 25 und 35 Jahren in London eröffnet wurde. Sie repräsentierte einen neuen Fachschultyp in der Krankenpflege, der im internationalen Vergleich einen einmalig ho­hen Anteil an theoretischem Wissen vermit­telte.

Der praktische Teil der dreijährigen Ausbildung fand in Kooperation mit dem «St. Thomas Hospital» statt. Unter­schieden wurde zwischen «Normal probatio­nes», die auf Kosten der Schule in einem vierjährigen Lehrgang für die praktische Sta­tionsarbeit ausgebildet wurden, und «Spezial probationes», Frauen aus den höher vorgebil­deten Ständen, die auf eigene Kosten in einem dreijährigen Lehrgang zur Pflegedienstleitung unterrichtet wurden.

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Kurt Aeschbacher, Moderator und Verleger

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Die Ausbildung, die zu­gleich die typische Klassensituation der Ge­sellschaft des 19. Jahrhunderts widerspiegelt, war nicht konfessionell gebunden, die ausbil­dende Pflegeleiterin sollte aber auf die charakterliche Bildung und moralische Festigung der zukünftigen Pflegerinnen Wert legen.

Die Verbesserungen im Ausbildungsstandard zeigten bald Erfolge. Zu Beginn der 1880er-Jahre waren Krankenpflegerinnen, die die «Nightingale School of Nursing» durchlaufen hatten, Pflegeleiterinnen einer Reihe großer Krankenhäuser in London und der Provinz und hatten dort Ausbildungsprogramme für Pflegekräfte etabliert, die dem der «Nightin­gale School of Nursing» glichen.

Die öffentli­che Aufmerksamkeit, die diese Ausbildungs­einrichtung genoss, hatte andere britische Krankenhäuser dazu gezwungen, ebenfalls Lehrgänge einzurichten und auf eine bessere Ausbildung ihres Pflegepersonals zu achten.

Florence Nightingale, die nicht nur Ausbil­dungsstandards festgelegt, sondern wesentlich dazu beigetragen hat, dass sich die Kranken­pflege zu einem gesellschaftlich geachteten und anerkannten Beruf für Frauen entwi­ckelte, starb nach längerer Krankheit hoch geehrt am 13. August 1910. Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof der Church of St. Mar­gret in East-Wellow (London).

Höchste Auszeichnung des Roten Kreuzes trägt ihren Namen

Für ihre Leistungen in der Krankenpflege war Florence Nightingale unter anderem 1883 von Queen Victoria mit dem «Royal Red Cross» ausgezeichnet worden; 1907 nahm sie König Edward VII. als erste Frau in den «Order of Merit» auf.

Auf Empfehlung der 1907 in Lon­don durchgeführten VIII. Internationalen Rot­kreuzkonferenz entstand ein Fond der natio­nalen Rotkreuzgesellschaften «zum Gedenken an die hervorragenden Taten Florence Nightingales für die Verbesserung der Pflege von Verwundeten und Kranken». Die darin fließenden Mittel wurden zur Prägung und Verleihung einer Medaille bestimmt, die seit 1912 als höchste Auszeichnung des Internati­onalen Roten Kreuzes in der Regel alle zwei Jahre an Pflegekräfte verliehen wird.

Während heute viele Kliniken wie das «Flo­rence-Nightingale-Krankenhaus der Kaisers­werther Diakonie» in Düsseldorf oder das «Istanbul Florence Nightingale Hospital» in der Türkei ihren Namen tragen, erinnert am St. Thomas Hospital in London das «Florence-Nightingale-Museum» an ihr außergewöhnliches huma­nitäres Wirken.

Vom Weltbund der Kranken­schwestern und Krankenpfleger ICN proklamiert und seit 1967 in Deutschland begangen, erinnert der 12. Mai als «Tag der Krankenpflege» an den Geburtstag von Florence Nightingale.
Die Evangelische Kirche in Deutschland ehrt sie mit einem Gedenktag im Evangelischen Na­menkalender am 14. August. Ihr Gedenktag für die Evangelisch-Lutherische Kirche in Amerika und für die anglikanische Kirche ist ihr Todestag, der 13. August.

In jedem Fall lohnt es auch heute noch, sich mit dem Leben und Werk von Florence-Nightingale intensiv auseinanderzusetzen, hat doch ihr zentrales Anliegen, der Bevölke­rung die Bedeutung und Grundsätze guter Pflege vor Augen zu führen, nichts an Be­deutung verloren.


Wir bedanken uns bei der Redaktion des Verlags hpsmedia für die Gelegenheit zur Zweitverwertung.

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