Urs Faes wohnt, wie man es sich bei einem Schriftsteller vorstellt: Altbauwohnung, Bücherregale bis unter die Decke, Möbel mit Geschichte und ein von Dokumenten überbordendes Arbeitszimmer. Es ist die richtige Umgebung, um über das Schreiben und den Weg zum druckreifen Roman zu sprechen.
«Was mich am Thema Demenz von Anfang an beschäftigt hat, war das Verlieren der Sprache und damit eine Form von Abschiednehmen», erklärt der Autor bei einer Tasse Kaffee. «Wir sind mit Sprache im Dialog mit anderen, in der Welt. Mit unserem Sprechen und Erzählen erschaffen wir unsere Welt».
Das bedeutet:
«Wenn wir die Sprache verlieren, verlieren wir schrittweise auch das In-der-Welt-sein».
Urs Faes ist Autor des Romans «Untertags». Darin beschreibt er einfühlsam den Weg des Ehepaars Herta und Jakov durch eine Alzheimer-Demenz.
Das zentrale Thema: der Verlust der Sprache. Doch es ist kein schwermütiges Buch, sondern eine Liebesgeschichte. Bis zuletzt pflegt Herta ihren Mann, getragen vom Geflecht ihrer gemeinsamen Vergangenheit und den schönen Momenten, die es – trotz aller Herausforderungen – gibt.
Um abseits von Klischees und Vorurteilen über Demenz schreiben zu können, hat sich Urs Faes mit der Recherche Zeit gelassen. Er führte Gespräche mit Michael Schmieder, Gründer des Demenzkompetenzzentrums Sonnweid in Wetzikon, vertiefte seine Kenntnisse mit Fachliteratur.
Ein besonderer Glücksfall und Zeichen grossen Vertrauens: Er durfte zwei Ehepaare, von denen jeweils ein Partner an Demenz erkrankt war, über längere Zeit begleiten.
«Ich habe die beiden zuhause besucht, sie in die Klinik begleitet, Abschied und Wiedersehen erlebt», sagt Urs Faes. Durch den engen Kontakt erhielt Urs Faes einen Einblick in die Gefühlswelt der Betroffenen.
«Hinzu kam, dass mir beide Paare Tagebuchaufzeichnungen und andere Dokumente überlassen haben.» Diese lieferten wichtiges Kontextwissen und zeigten Entwicklungen über einen längeren Zeitraum hinweg.