Laut neuesten Hochrechnungen von Alzheimer Schweiz leben aktuell rund 155 000 Menschen mit Demenz in der Schweiz. Doch auch nach fünf Jahren Nationaler Demenzstrategie sind sie damit konfrontiert, dass ihre Krankheit mehrheitlich ein Tabuthema ist. Ihre Angehörigen leisten zudem einen grossen Teil der unbezahlten Betreuungs- und Pflegearbeit.

Sie benötigen entsprechend Unterstützung und Entlastung – im Alltag sowie finanziell. Sie haben es daher selbst an die Hand genommen und im Rahmen der Online-Aktion «demenz-strategie.ch» ihre Forderungen an die politischen Akteure formuliert. Die Aktion ermöglicht haben Stefanie Becker (Alzheimer Schweiz), Daniel Wagner (Demenz Zürich und Demenz Meet) und Michael Schmieder (Sonnweid und alzheimerpunktch).

Bezahlte Beratung und Selbstverantwortung für höhere Kosteneffizienz

Direkt nach der Demenzdiagnose brauchen Erkrankte und ihre Angehörigen rasch eine auf ihre persönliche Situation zugeschnittene, krankheitsspezifische und endlich bezahlte Beratung. So lassen sich Gesundheitskosten vermeiden, die entstehen, wenn Angehörige versuchen, Betreuung und Unterstützung allein zu bewältigen. Denn sie riskieren mit dieser komplexen und fordernden 24-Stunden-Aufgabe, selbst zu erkranken.

Es braucht ein Finanzierungssystem, das Betreuung als krankheitsrelevante Leistung anerkennt.

Eine direkte Kostengutsprache stärkt die Selbstbestimmung von Demenzbetroffenen, weil letztere am besten wissen, welcher Unterstützung, Betreuung und Pflege sie individuell bedürfen. So gelangen finanzielle Mittel zielgerichtet an den Mann und an die Frau. Unnötige Gesundheitskosten bleiben aus, aufwändige administrative Prozesse auch.

Kompetenzzentren und weniger Bürokratie erleichtern den Zugang

Betroffene verpassen die wichtige frühzeitige Unterstützung, weil der «Demenzmarkt» unübersichtlich ist und eine koordinierende, individualisierte Hilfe bislang fehlt. Dabei würde dies den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen und länger ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben ermöglichen. Für Information und Begleitung aus einer Hand braucht es deshalb zertifizierte, vernetzte Kompetenzzentren, als zwingenden Bestandteil der Versorgungskette.

Die nationale Demenzstrategie ist ein Papiertiger – jetzt braucht es konkrete Massnahmen.Bild Stephanie Sonderegger

Damit Betroffene rasch passende Unterstützung erhalten, müssen ferner Behörden die Antragsverfahren für Hilfslosenentschädigung, Ergänzungsleistungen oder Invalidenrente vereinfachen. Dies verkürzt die Wartezeiten bis zur finanziellen Hilfe, was auch den Alltag länger stabilisiert. Schliesslich verringern sich damit die volkswirtschaftlichen Gesundheitskosten.

Wissen verbreiten, für heute und morgen

Weil Demenzbetroffene – Erkrankte sowie Angehörige – wissen, um was es geht, sollen sie auch in landesweiten Sensibilisierungskampagnen einbezogen werden. Bis 2040 werden voraussichtlich 300’000 Personen neu erkranken, denn der grösste Risikofaktor ist das Alter. Umso wichtiger ist es, das Thema «Demenz» in Schul- und Ausbildungslehrpläne zu integrieren.

Kinder und Jugendliche sind die Angehörigen von morgen.

Ebenso können Arbeitgebende mit mehr Wissen zu Demenz wesentlich zu einem guten Leben mit der Erkrankung beitragen, im Wissen, dass fast fünf Prozent vor dem Rentenalter an Demenz erkranken. 

Mit dem Manifest reden Demenzbetroffene Klartext über die täglichen Herausforderungen und priorisieren Bereiche, in denen es vorwärts gehen muss. Damit können Rahmenbedingungen, wie sie die Nationalen Demenzstrategie 2014-2019 anstrebt, tatsächlich geschaffen werden, die ein gutes Leben mit Demenz möglich machen.