Schon im vergangenen Mai machte mich der Tagesanzeiger auf mögliche Schweizer Ferienorte aufmerksam. Auch hierzulande könnten mediterrane Gefühle erlebt werden, meinte der Journalist, und beschrieb gleich, welche Orte diese Gefühle hervorlocken könnten.
An Rimini erinnere der Plages du Perrier in Clarens am Genfersee, insbesondere weil hier an Hochsommertagen eine ziemliches Gedränge herrsche. Wie in Rimini eben. Die Frage, ob es sinnvoll ist, sich in diesem speziellen Jahr ins Gedränge zu begeben, blieb unbeantwortet.
In einem weiteren Artikel wird auf die schönsten Strände hingewiesen. So soll der Blick auf die Insel in der Mitte des Caumasees an Thailand erinnern, verschiedene Strände könnten mit Phuket, Porto Cervo oder der Punta Cana mithalten.
Zwei Monate später empfiehlt der Tagesanzeiger eine Weltreise in Zürich und darum herum. Hier liege Indien gleich um die Ecke, nämlich am Elefantenbach. Der Rheinfall gleiche dem Niagarafall, der Blick auf die Insel Lützelau im Zürichsee erinnere an Indonesien, eine Kanufahrt auf der Thur versetze einem direkt nach Norwegen.
Und die Sehnsüchte nach Paris könnten auf dem Friedhof Sihlfeld gestillt werden, auf dem man sich beinahe wie auf dem berühmten Pariser Friedhof Père Lachaise fühlen könne.
Abgesehen davon, dass ich einige Reise- und Ausflugstipps interessant finde und mir merken will, frage ich mich, was diese Vergleiche bezwecken.
Andrerseits wird die Schweiz plötzlich hoch gelobt. Der Bundesrat Ueli Maurer versteigt sich gar dazu, zu behaupten, die Schweiz habe «die besten Nahrungsmittel, den besten Wein, das beste Bier».
Der Historiker Andreas Tobler meint dazu, dass die Berufung auf das Nationale in besonderen Situationen durchaus verständlich sei. Diese Art von Rhetorik funktioniere in allen Ländern als «Überlegenheitsfantasie».
Soll also die vermeintliche Minderwertigkeit zur Überlegenheit aufgewertet werden? Mir passt beides nicht.
Auch meine Lebensgefährtin und ich suchen einen Ort für uns, unsere kleine Hündin und unseren Campingbus. Alles ausgebucht, lese ich auf verschiedenen Webseiten von Campingplätzen , die an Seen und Flüssen liegen. Aber es gibt auch solche ohne Strand. So einen finden wir im Jura. Fünf Tage fahren wir hin, und es gefällt uns so gut, dass wir für drei Wochen buchen, mitten in den Sommerferien.
Buchen? fragt der Platzwart erstaunt. Bei uns ist immer halb leer. Doch als wir dann anreisen, meint er, wir hätten gut daran getan, den Platz zu reservieren. Am vorherigen Wochenende sei der Camping voll gewesen, das habe er noch nie erlebt in seinen drei Jahren als Platzwart.