Schmetterlinge im Kopf - demenzjournal.com

Kinderbuch

Schmetterlinge im Kopf

Oma Luise mit ihren Schmetterlingen. Bild Magdalena Czolnowska

Das Bilderbuch «Oma Luise und die Schmetterlinge» ermuntert Kinder zum liebevollen und spielerischen Umgang mit demenzkranken Angehörigen.

In Fa­mi­li­en sind es meis­tens die Gro­ss­el­tern oder äl­te­re Ver­wand­te, die von Demenz be­trof­fen sind. Wie Kin­der, ins­be­son­de­re En­kel­kin­der, mit Ge­dächt­nis­pro­ble­men um­ge­hen, hängt viel­fach von ihrem Um­feld ab. Wird eine Erin­ne­rungs­lücke dra­ma­ti­siert?

Wird Ver­gess­lich­kei­t auf die Gold­waa­ge ge­legt? Oder ver­sucht das fa­mi­li­äre Um­feld in weit­ge­hen­der Ge­las­sen­heit, in einer lie­be­voll ver­bun­de­nen Be­zie­hung mit den Be­trof­fe­nen zu leben oder Kon­takt zu hal­ten? Im letz­te­ren Fall kön­nen Kin­der oft spielerisch und mit Freu­de auf Ver­hal­tens­ver­än­de­run­gen rea­gie­ren.

Das Kin­der­buch «Oma Luise und die Schmet­ter­lin­ge» soll El­tern, Er­zie­herin­nen und an­de­ren Un­ter­stüt­zern die Mög­lich­keit geben, sich die­sen The­mas an­zu­neh­men, ohne die Schat­ten­sei­ten und trau­ri­ge Mo­men­te zu ver­heim­li­chen. Es bie­tet Hin­ter­grund­wis­sen zum Thema De­menz für die Er­wach­se­nen und er­zählt Kin­dern eine Ge­schich­te über Oma Luise, die zu­neh­mend ver­ge­ss­lich wird.

«Diese Art von Journalismus hilft Betroffenen, Angehörigen und Fachpersonen. demenzjournal.com ist eine äusserst wertvolle Plattform, nicht zum Vergessen!»

Irene Bopp, ehemalig Leitende Ärztin Memory Clinic Waid in Zürich

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Kin­der neh­men mit ihrem Blick in die Welt die Ku­rio­si­tä­ten, die eine De­men­zer­kran­kung brin­gen kann, ge­las­sen und spie­le­risch wahr. Sie sind in ihrer Zu­nei­gung un­mit­tel­bar und un­vor­ein­ge­nom­men. Das ist ein Schlüs­sel im Kon­takt und in der Be­zie­hung zwi­schen Kin­dern und Men­schen mit De­menz.

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Das Kin­der­fach­buch haben die wis­sen­schaft­li­chen Mit­ar­bei­te­rin­nen des De­menz Sup­port Stutt­gart, Anja Ru­ten­krö­ger und Chris­ti­na Kuhn, ge­schrie­ben. Il­lus­triert wurde es von Mag­da­le­na Czol­now­ska, es ist im Mabuse Verlag erhältlich. alzheimer.ch hat sich mit den Autorinnen unterhalten.

alzheimer.ch: Was haben Schmetterlinge mit Demenz zu tun?

Christina Kuhn: Schmetterlinge sind Verwandlungskünstler. Mit dem Bild der Schmetterlinge, die mit Erinnerungsanteilen davonflattern, kann das Vergessen von Worten, Ereignissen, Situationen gut visualisiert werden.

Als Metapher für ein aufgeregtes Lebensgefühl sind sie als «Schmetterlinge im Bauch» wohl bekannt. «Schmetterlinge im Kopf» sind ein sprachlicher Gegenentwurf zu den defizitorientierten Beschreibungen, die häufig für eine Demenzerkrankung verwendet werden. «Schmetterlinge im Kopf» machen nachdenklich und bringen Leichtigkeit in ein schweres Thema.

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Die Schmetterlinge tragen Erinnerungen davon, nicht schnell, sondern sie entfernen sich langsam und manchmal kommen sie wieder zurück. Zum Vergleich: wenn einem ein Wort nicht einfällt, dann scheint es ganz nah und fast greifbar zu sein, aber man bekommt es nicht zu fassen, sieht es förmlich davonflattern. Und dann entnebelt sich das Wort, wird sichtbar und ist wieder da.

Was war die Intension, dieses Buch zu schreiben?

Anja Rutenkröger: Wir wurden vor zirka zwei Jahren angesprochen, ob wir uns vorstellen könnten, ein Kinderbuch zu schreiben. Die Mitarbeiterin des Mabuse Verlags war von unserer Broschüre «Hat Mama Demenz?» begeistert.

Diese haben wir im Projekt «Herausforderung Demenz für Menschen mit Lernschwierigkeiten» in leichter Sprache entwickelt. Die Anfrage hat uns überrascht und zugleich motiviert. Wir kennen zudem viele Familiengeschichten, in denen das Verhältnis der Enkelkinder zur Grossmutter so liebevoll ist, dass durch die Demenzerkrankung neue Formen des Miteinanders entstanden sind.

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Die Wortfindungsbeeinträchtigungen haben zu Reimspielen animiert und in der Kommunikation wurde eine Kreativität frei gesetzt, an der alle Spass hatten. Es ist uns auch bewusst, dass diese Form des Umgangs nicht in allen Familien so gelingt und auch schwere Zeiten sich im Laufe einer Demenz einstellen können.

Vor welchen Herausforderungen sind Sie im Rahmen des Entstehungsprozesses gestanden?

Christina Kuhn: Wir hatten relativ schnell die Storyline ausgearbeitet und haben die jeweiligen Illustrationen für Magdalena Czolnowska beschrieben. Sie war vor vielen Jahren studentische Mitarbeiterin bei Demenz Support Stuttgart und schon damals ist uns ihr Talent sofort aufgefallen.

Das war immer eine sehr bereichernde Zusammenarbeit und ihr Zeichenstil ist einfach sehr liebevoll und regt auch immer etwas zum Schmunzeln an. Im Fachteil sind wir etwas ins Stocken geraten, weil uns die Zeit fehlte, um mal am Stück dran zu bleiben.

Das ist dem Arbeitsalltag geschuldet, wenn die Projektarbeit drängt und die Termine einander jagen. Während der Corona-Pandemie sind dann viele Termine abgesagt worden und so gab es Raum und Zeit für die Fertigstellung. Wir wollten aber noch eine direkte Rückmeldung, wie das Buch bei Kindern ankommt und haben noch eine Praxisrunde gedreht.

Warum ist es wichtig, Kinder für das Thema Demenz zu sensibilisieren?

Anja Rutenkröger: Grosseltern sind für Kinder oft wichtige Bezugspersonen. Nicht selten wird die Oma oder der Opa «anders», verhält sich nicht mehr so wie es die Kinder gewohnt sind. Kinder sind vielleicht verunsichert.

Es ist wichtig, sie in ihren Gefühlen ernst zu nehmen und bildhaft zu beschreiben, was bei den Grosseltern sich verändert. So können Kinder liebevoll und kreativ ihre Oma und Opa unterstützen und gemeinsam viele schöne Momente zu erleben.