Wo ist der Kleiderschrank? Wo ist die Toilette? Die eigene Wohnung kann für Menschen mit Demenz ein fremdes Terrain werden. Ihr Zuhause, das eigentlich ein heimeliger, sicherer Ort sein sollte, verursacht Unsicherheit und Angst. Deshalb laufen manche Demenzkranke unruhig umher, weinen scheinbar grundlos oder werden wütend.
«Richtet man das Zuhause richtig ein, kann man aber viel dafür tun, dass es Menschen mit Demenz besser geht», sagt Robert Perneczky, Leiter des Alzheimer Gedächtniszentrums an der Ludwig-Maximilians-Uni in München. «Sie fühlen sich besser und brauchen oft weniger Medikamente.»
Die erste Massnahme ist: Die Wohnung hell gestalten. Denn zu wenig Licht im Wohnbereich löst bei Bewohnern von Pflegeheimen negative Stimmungen aus. «Erhöhen Sie die Lichtquellen auf das doppelte Strahlungsvermögen», rät Tanja Vollmer, Psychologin und Mitbegründerin des Kopvol Architekturbüros Architecture & Psychology in Rotterdam.
«Am besten wären natürlich grosse Fenster oder ein Wintergarten.»
Zu viel Lärm, so zeigten die Pflegeheim-Studien, machte die Bewohner aggressiv und regte sie zum Herumwandern an. «Viele Demenzkranke sind geräuschempfindlich», sagt Vollmer.
«Helfen können hier schallisolierte Decken, Wände, Böden und Türen.» Ist man krank, steigt zudem das Stressempfinden, man wird schutzbedürftiger, sucht verstärkt nach Rückzugs- und Wohlfühlräumen und wird empfindlicher gegenüber Licht, Lärm, Gerüchen, Temperatur, Farben und Formen.
«Mit der veränderten Raumwahrnehmung fällt es Demenzkranken immer schwerer, Formen und Farben auseinanderzuhalten», erzählt Vollmer. «Schwarze Fernseher werden schwarze Löcher, bunte Teppichmuster zu Blumenwiesen.»
Ruhige Muster und Fotos von früher
Wichtig ist daher, kontrastreich zu gestalten, damit sich Gegenstände besser von Oberflächen abheben, Wände von Böden, Möbel von Böden. «Besser keine unruhigen Muster auf Sofas oder Tapeten – die werden als Unebenheiten wahrgenommen und bereiten Stress.» Es gebe kein Pauschalrezept für die Gestaltung, sagt Egemen Savaskan, Chefarzt der Alters-Psychiatrie am Unispital Zürich.
«Eine Demenz ist ein über 10 bis 15 Jahre dauernder Prozess mit verschiedenen Stadien, und man muss das Umfeld jeweils anpassen.»
So eine geistige Anregung können zum Beispiel Fotos von früher sein, denn an lang Vergangenes erinnern sich die Patienten oft noch besser als an aktuelle Ereignisse. Oder man lässt eine CD mit Vogelstimmen oder Wassergeräuschen abspielen – all das kann Unruhe reduzieren.
Mit Apfelkuchen Erinnerungen wecken
Auch gemeinsames Kochen und Essen mit Düften von Apfelkuchen oder gegrillten Würstchen kann angenehme Erinnerungen an die Kindheit wecken und Wohlbefinden auslösen. «Erstaunlicherweise erinnern sich Demenzkranke noch ziemlich lange an Gerüche von früher, obwohl oft schon zu Beginn der Krankheit der Geruchs- und Geschmackssinn nachlässt», sagt Vollmer.
«Erinnerungshilfen» können auch bestimmte Materialien sein, etwa Stroh, Backstein oder Holz, die man in Wandelemente oder als Möbelstück einbauen kann. Streicht der Demenzkranke darüber, kann das beruhigend wirken.
Beschriftungen auf Schubladen und Schranktüren mit «Hosen» oder «Wäsche» sorgen dafür, dass Demenzkranke länger selbständig bleiben. Ein WC in Sichtweise vom Bett kann Ängste vermeiden, die Toilette nicht rechtzeitig zu finden.