Von Patrick Schuchter, Andreas Heller und Hermann Brandenburg
Wie und in welchem Ausmass lassen sich in gesunden und relativ guten Tagen Fragen der Versorgung am Lebensende, in relativ schlechten Tagen von Krankheit, Sterben und Tod, denken und planen? Ganz offensichtlich legt der Diskurs der Planbarkeit im Kontext einer neoliberalen Gesellschaft einen Vermeidungsdiskurs nahe.
Es geht auch am Lebensende um Sparmassnahmen und darum, spezifische medizinische kostenintensive Massnahmen zu vermeiden. Diese Denkfigur steht in enger Korrelation mit dem von nicht wenigen Betroffenen erlebten und artikulierten «Lastdiskurs».
Eine akute lebensbedrohliche Notlage kann selten von den Betroffenen im Vorhinein angemessen eingeschätzt werden.
In der Regel dominieren diffuse Ängste vor Leiden und Schmerzen, dem Verlust der Würde und Autonomie, der Sorge um zunehmende Hilflosigkeit und dem demütigenden Gefühl, anderen zur Last zu fallen. Jede Form der «gesundheitlichen Vorausplanung» wird dies berücksichtigen müssen.
Die als selbstverständlich vermittelte positive Bewertung von Planung muss auch kritisch betrachtet werden. Es kann sinnvoll sein, im Leben eher eine «auf sich zukommende Haltung» zu pflegen. Es gibt zweifelsohne die Klugheit des Vorausschauens, des Organisierens, des planenden und enttabuierten Denkens und Sprechens.
Es gibt eine Klugheit des Nichts-Tuns, des Lassens und Unterlassens.
Eine Klugheit, nicht zu planen, sich nicht auf alles vorzubereiten und nicht über alles nachzudenken, weil es Dinge im Leben gibt, die letztlich nicht geplant und beherrscht werden können. Man begegnet ihnen mit einer gewissen neugierigen Offenheit, so sie sich ereignen – und mit eher dankbarer Demut, solange sie ausbleiben.
Im Letzten lassen sich der Tod und die Endlichkeit nicht beherrschen. Es ist eine Illusion, alles im Voraus wissen zu können und deshalb mit Aktivität zu reagieren. In der Passivität, der Empfangsbereitschaft liegt auch eine Weisheit. Die Weisheit der Passivität beweist Offenheit für Möglichkeiten, die sich ergeben, ohne dass man sie im Voraus nur geahnt hätte.
In den «Übersetzungsvarianten» von Advance Care Planning (ACP) ist es eine Schlüsselfrage, was «Care» im Deutschen bedeuten kann. Care ist nicht Behandlung, sondern meint eine umfassende Sorge, das Leben und die Lebenszusammenhänge auch in vulnerablen Situationen aufrechtzuerhalten. Care ist eine fundamental anthropologische Kategorie, die nicht auf «Pflege», schon gar nicht auf Betreuung oder Behandlung reduziert werden kann.
Reduktion des ethischen Fragens
Ethische Themen sind grundsätzlich sowohl weiter als auch alltäglicher als medizinethische Notfälle. Sie betreffen etwa das Gelingen oder Scheitern unserer Lebensentwürfe, die Möglichkeit von Selbstachtung, die Partizipation in den Institutionen einer Gemeinschaft, die Bedeutung oder Bedeutungslosigkeit unserer Handlungen und Erfahrungen.