Eine kleine Gruppe von Männern, betreut von Männern, unternimmt gemeinsam etwas: Einen Ausflug, sie gehen etwas besichtigen, eine Sammlung, eine Ausstellung, ein Museum. Sie besuchen ein Wirtshaus, eine sportliche Veranstaltung, den Zoo usw.
Die Erfahrungen aus diesen Aktivitäten sind übers Ganze gesehen sehr positiv, die Männer erleben zusammen eine gute Zeit und kehren meist entspannt in die Institution zurück. Wenn sie sich später im Haus begegnen, begrüssen sie sich oft freundschaftlich.
Die Tatsache, dass auch die Begleitung durch Männer erfolgt, ist wesentlich für den Charakter der Aktivitäten und das positive Gruppengefühl. Dies ist nicht anders als sonst in einer Männergruppe (Militär, Sport) und hat auch nichts mit der demenziellen Erkrankung zu tun.
Eine reine Männergruppe ist in sich geschlossener und homogener als wenn Frauen anwesend wären. Die Männergruppen werden jeweils unter Berücksichtigung von Mobilität, Biografie und Interessen zusammengestellt.
Überforderung durch Aktivitäten
Trotz aller positiven Erfahrungen gibt es immer wieder Momente, die zeigen, wie schnell aus einer guten Absicht eine Überforderung entstehen kann. So besuchten wir zum Beispiel mit einer Gruppe Männer das Militärmuseum in Dübendorf. Wir wählten dieses Ausflugsziel, weil alle diese Männer früher einmal Militärdienst geleistet hatten.
Einer der Teilnehmer, ein ehemaliger hoher Offizier, geriet während des Besuchs völlig in Stress, weil er sich plötzlich wieder in den subalternen Leutnant zurückversetzt wähnte, der damals unter einem starken Bewährungsdruck gestanden haben muss.
Manchmal spielen sich solche Konfrontationen mit der Vergangenheit aber auch ganz ungezwungen ab. Der gleiche Mann wurde vom Thema Militär durchaus nicht immer und in jeder Situation gestresst. So pflegte ich ihn jeweils am Morgen beim Erwachen zu begrüssen, indem ich neben seinem Bett die Achtungsstellung einnahm, was er wohlgelaunt konterte mit «ruhn».
Am Abend setzte er sich manchmal zu mir an den Küchentisch und trank ein Bier, während ich die Eintragungen in die Bewohnerakten machte. Zwischen uns fiel der Lichtschein der Hängelampe auf den Tisch. Er unterhielt sich mir mir über den militärischen Alltag, als ob wir zusammen in der Offiziersmesse sässen. Eines Abends nahm er verschiedene Akten aus der Hängeregistratur, studierte sie und meinte dazu nur: «Alles Simulanten».
Bei Männern scheint, so die Erfahrung, die Nähe einer Aktivität oder eines Umstands zum früheren Beruf schnell zu einer Überforderung zu führen. So hatte der Mann, der früher als Architekt arbeitete, beim Besuch in einem Architekturbüro plötzlich Schweissausbrüche und zeigte alle Anzeichen von Stress.
Die Überforderung durch eine Aktivität, die in einem Zusammenhang mit dem früheren Berufsleben steht, kann auch dann eintreten, wenn sie sehr sorgfältig geplant und begleitet wird.
Ein anderes Männerprojekt der Sonnweid war die
Werkstattwoche. Die Idee war folgende: Vier Männer, betreut vom Hauswart und mir, sollten während einer Woche täglich eine gute Stunde gemeinsam werken.
Wir hatten Kistchen vorbereitet, die sie schleifen, zusammenschrauben und danach lackieren sollten. Auf die Idee kamen wir, weil uns aufgefallen war, dass viele Männer gerne an Schrauben drehen. Auch hatten wir ausgediente Fernseher und Radios vorbereitet zur Demontierung für die Entsorgung.
Wir begleiteten die Männer ganz eng, weil sie in dieser Situation, die sie an eine Erwerbsarbeitssituation erinnerte, einen hohen Anspruch an sich stellten. Trotzdem zeigte sich schnell eine Überforderung – wir mussten zu einer eins-zu-eins Betreuung übergehen.
Bald wollten sie auch wissen, ob diese Arbeit denn bezahlt werde und wie hoch der Lohn sei. Nach der Auswertung dieser Werkstattwoche waren wir uns einig: Diese Art der Aktivierung ist überflüssig und trägt nichts zum Wohlbefinden der Männer bei.
Sinnvolle Aktivierung
Sinnvolle Aktivierung geht von den Bedürfnissen der betreuten Männer und Frauen aus. Möchte sich jemand an Hausarbeiten beteiligen, so ist dies ebenso eine Form der Aktivität wie ein Spaziergang, Einkaufen gehen oder Federball spielen – mit anderen Worten: Aktivierung umfasst ein sehr breites Spektrum an Tätigkeiten.
All diese Aktivitäten können auf verschiedene Weise umgesetzt werden und müssen je nach Situation unterschiedlich beurteilt werden. So kann es richtig sein, in der eins-zu-eins Betreuung mit jemandem in der Küche zu arbeiten, oder ihm vorzuschlagen, zusammen mit anderen etwas zu rüsten.
Auch TV-Schauen kann aktivierend sein. Wichtig ist die Wahl des Programms und die Einschätzung, ob jemand besser für sich alleine, in der Gruppe oder mit Betreuung fern sieht. Geeignet sind vor allem Sendungen, die das Ende nicht offen lassen: Sport-, Natur- und Musiksendungen, Reiseberichte und Stummfilme mit Untertiteln.
Männer sprechen häufig gut auf Sportsendungen an. Eine Art der Aktivierung mit «Männergroove» kann auch sein, gemeinsam ein Autorennen oder einen Fussballmatch anzuschauen und dazu ein Bier zu trinken.
Falls es die Umstände zulassen, ist es auch gut, mit jemandem etwas allein zu unternehmen, einen Spaziergang zu machen oder eine Unterhaltung unter Männern zu führen.