Aus Sicht des Arztes
Eine Studie zeigte auf, dass Menschen mit Demenz, die unter Schmerzen leiden, weniger Schmerzmittel erhalten als Schmerzpatienten ohne Demenz. Weitere Studien nahmen sich dem Thema an und brachten ähnliche Resultate. «Dies deutet darauf hin, dass Schmerzen bei Menschen mit Demenz manchmal nicht adäquat behandelt werden», sagt Andreas Stuck.
Der Chefarzt der Geriatrischen Uniklinik am Inselspital in Bern nennt verschiedene Gründe dafür: «Zum einen beziehen leider manche Ärzte die Angehörigen bei der Abklärung nicht mit ein. Die Angehörigen können aber wichtige Informationen geben, etwa unter welchen anderen Erkrankungen der Demenzkranke leidet.
Zum anderen ist es leider immer noch so, dass oft nicht bemerkt wird, dass jemand eine beginnende Demenz hat. Dann geht natürlich auch unter, wenn der Betroffene wegen der Demenz nicht deutlich genug äussern kann, dass er Schmerzen hat.»
Die Art der Schmerzen unterscheiden sich laut Stuck nicht von jenen, unter denen Menschen ohne Demenz leiden. Jedoch seien Menschen mit Demenz anfällig, weil sie häufig sehr alt seien. «In dieser Altersgruppe treten besonders häufig Muskel- und Gelenkschmerzen auf», so Stuck.
«Es gibt noch viele andere mögliche Ursachen von Schmerzen, zum Beispiel Schmerzen durch Verdauungsprobleme oder Durchblutungsstörungen. Deshalb muss man genau schauen, woher die Schmerzen kommen – das ist meist der Schlüssel zur Therapie.»
Bevor Stuck Menschen mit Demenz gegen Schmerzen behandelt, macht er einen Plan: Welche Schmerzmittel sind zu verschreiben und welche nichtmedikamentösen Massnahmen sind angezeigt (zum Beispiel Physiotherapie)? Dann bespricht er die Behandlungen mit dem Patienten und wenn möglich mit den Angehörigen. «Es ist enorm wichtig, dass man Angehörige in die Abklärung von Schmerzen und in die Behandlung mit einbezieht», sagt Stuck. «Meist lassen sich Schmerzen nicht in einer Konsultation abschliessend behandeln, das übernimmt der Hausarzt in einer längeren Betreuung.»